AmazonFresh - Lebensmittel-Logistik auf neuem Level
Logistik Entwicklungen - Berlin
Frische Lebensmittel – gekühlt, zeitnah geliefert und vor allem dann da, wenn der Kunde zu Hause ist. So beschreibt der E-Commerce-Riese Amazon sein neuestes Produkt, AmazonFresh. Zuerst dürfen die Berliner, denen die Zeit zum normalen Einkauf im Supermarkt fehlt, testen, ob das Versprechen hält, was so vollmundig vorab beworben wird. Das Sortiment ist dabei enorm. Mit über 85.000 Lebensmitteln wird der neue Lieferservice mit einem der großen Märkte, wie Kaufland, Real oder V-Markt, vergleichbar sein. Mit einem gravierenden Unterschied allerdings – der Endkunde bekommt seine Bestellung direkt und zeitnah geliefert.
Flexibilität bei Auslieferung (mit Grenzen)
Ein wenig Vorausplanung ist trotzdem notwendig, das gibt selbst Amazon zu. Die Lieferungen erfolgen zwar in einem 2-Stunden-Zeitfenster zwischen 5 und 22 Uhr, montags bis samstags. Aber um am Abend die wohlverdiente Flasche Wein öffnen zu können oder das argentinische Rindersteak auf den Grill zu werfen, muss bis Mittag bestellt sein. Und trotzdem ist es ein doppelter Salto vorwärts im Hinblick auf die flexible Zustellung. Hier paaren sich quasi die schnellste Lieferung mit der kundenfreundlichsten Zustellalternative – dem Wunschzeitfenster.
Amazon setzt auf DHL statt auf private Post
Und genau hier liegt auch der interessante und in Zukunft beachtenswerte Knackpunkt dieses Systems. Für den Start hat Amazon eine Partnerschaft mit den privaten Post- und Kurierdiensten im Berliner Raum zwar eruiert, sich dann aber doch für die Zusammenarbeit mit der DHL entschieden. Warum diese Entscheidung quasi am Vorabend des Starts von AmazonFresh gefallen ist, darüber darf munter spekuliert werden.
Zum einen dürfte Amazon mit den KEP-Diensten in und um Berlin bei der Same-Day-Delivery für die eigenen Prime-Kunden ausreichend Erfahrungen gesammelt haben. Da hier selbst bei den großen Anbietern in der Bundeshauptstadt noch deutlicher Nachholbedarf im Bereich Digitalisierung und Dynamisierung besteht, könnte die Entscheidung zugunsten der DHL durchaus einen empirischen Hintergrund haben.
Zum anderen hat die DHL eine eigene Frachtplattform ins Leben gerufen, saladoo! Und dadurch würden sich mögliche Überschneidungen mit flexibleren Logistikpartner bieten – die Technik käme vom „Gelben Riesen“ und die eigentliche Leistung von vernetzten Subunternehmern. Vielleicht auch ein Argument, besonders für den zukünftigen Ausbau der Lebensmittel-Logistik.
Enormes Potential in der (Endverbraucher-)Lebensmittel-Logistik
Die derzeitigen Schätzungen sehen genau in diesem Sektor enorme Potentiale. Zum Beginn dieses Frühjahrs prognostizierte der Senior Vice President Online Shopping Deutsche Post DHL, Christian Metzner, einen Online-Anteil von 10% am Lebensmittelhandel bis 2020. Ähnlich sieht das Amazon, die sich in Nordamerika und Großbritannien schon an die Spitze der Same-Day-Food-Delivery gesetzt haben. Dies hat natürlich noch ganz andere Vorteile für Amazon. Denn die Mischung des Versandes in einer hybriden Form aus Lebensmitteln und anderen Produkten, die das Onlineunternehmen ohnehin versendet, wird langfristig höhere Gewinne erzielen.
AmazonFresh trotzdem nicht der Branchenkiller?
Bei so viel Licht muss natürlich auch ein wenig Schatten sein. Ähnlich wie schon große amerikanische Supermarktketten, am Beispiel von Walmart gut nachzuvollziehen, ist der Lebensmittel-Markt in Deutschland sehr diffizil. Die aufgeteilten Marktsegmente und die zunehmende Aktivität der Platzhirsche, wie etwa REWE mit einem eigenen Lebensmittellieferdienst, könnten die rosigen Aussichten durchaus eintrüben.
Zudem ist es in Deutschland, gerade in den Ballungsgebieten, schwierig, eine größere Strecke als SIEBEN Gehminuten bis zu einem Supermarkt zurücklegen zu müssen. Das hat die Unternehmensberatung EY kürzlich in einer Studie festgestellt. Die Filialdichte in Deutschland ist somit ein weiteres negatives Momentum gegen den rasanten Erfolg von AmazonFresh.
Private Post – mitmachen oder zuschauen!
Andererseits ändert sich gerade das tradierte Kaufverhalten, ähnlich wie früher bei der Einführung der Konfektionsmode durch C & A. Die „digital natives“, also die Generation, die mit Smartphone, Tablet und E-Commerce aufgewachsen ist, hat mehr Affinität zur „Couch“-Lieferung. Warum einkaufen und heimschleppen, wenn ich es getragen bekomme? Warum die madigen Pflaumen aus der Packung fischen, wenn ich Top-Qualität ohne Zutun erhalte? Und warum die Zeit auf dem Weg und im Laden vergeuden, wenn damit anderes angestellt werden kann? Die Nische der Lebensmittellieferung wird über kurz oder lang keine Nische mehr sein.
Und nun stellt sich eine abschließende Frage für die private Post: Dabeisein oder Zuschauen? Die Grundlagen für das „Dabeisein“ werden jetzt gelegt. Die internen Arbeitszyklen müssen verifizierbar und flexibel abänderbar werden. Routen müssen dynamisch und aus verschiedenen Quellen beeinflussbar werden. Nur so können genau die Leistungen, wie Wunschzeitfenster und schnellste Lieferung innerhalb von Stunden, gewährleistet werden. Digitalisierung heißt (mal wieder) das Zauberwort. Und Systeme, wie hybriLOG®, welche die Produkte entlang der Logistikabläufe erfassen, bearbeitbar gestalten und die Informationen zielgenau zur Verfügung stellen, ohne auf den eigentlichen Produkttypus beschränkt zu sein, werden die Marktposition bestimmen. Denn grundsätzlich ist es egal, ob ein Paketdienstleister einen Schinken im Paket liefert oder eine Porzellanfigur – der logistische Ablauf wird sich in Nuancen unterscheiden!