DHL mit Spätlieferung in Großstädten – gegen Entgelt
Na bitte, nun ist es endlich raus. Die DHL scheint kundenfreundlicher zu werden und bietet ab Ende Juni in allen größeren Ballungsgebieten eine Abendzustellung an. Verbunden wird diese Gezeitenwende mit einem Wunschzeitfenster, bei welchem der Empfänger auswählen können soll, wann genau zwischen 18 und 21 Uhr die Sendung eintreffen soll. DHL-Paketchef Achim Dünnwald ist sich sicher: „Mit der Einführung dieser Wunschzeit für die Empfängerkunden weiten wir unser Angebot für eine zeitlich flexible Paketlieferung nochmals konsequent aus.“. Doch es lohnt durchaus mal einen genaueren Blick auf das neue Produkt vom „Gelben Riesen“ zu werfen.
Abendzustellung – bequem, zeitgenau & teuer
Grundlage für die Möglichkeiten der abendlichen Zeitfenster-Zustellung sind die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Amazon und deren Zwei-Stunden-Lieferfenster Prime Now in Berlin – seit einem knappen Jahr agiert hier die DHL als Backup für die Sendungen, die nicht über eigene Amazon-Subunternehmer unter dem Logo Amazon Logistics ausgetragen werden können. Und das scheint den Marktführer im Bereich Paketlogistik eines gelehrt zu haben. Kunden wollen den Service und sind bereit dafür mehr Geld auszugeben. Und der Zuschlag ist durchaus heavy – denn mit 2,99 Euro verteuert sich ein Paket dann schnell auf einen Minimum-Sendungspreis von fast 7 Euro. Respekt!
Da hilft es nur wenig, dass zur Angebotseinführung der Zusatzpreis bei 1,99 Euro liegt. Interessant wird die Frage, wer genau dieses Entgelt zahlen wird. Im E-Commerce-Bereich wird das Angebot mit Sicherheit Abnehmer finden, dann dort bezahlt dieses Add-On nicht der Versender, sondern definitiv der Besteller/Empfänger. Entscheidend ist hierbei aber, dass es die DPDHL es schafft, ihren nicht überaus hohen Standard als gleichbleibend zu statuieren und technische Verbesserungen als Zusatz gegen Entgelt zu verkaufen. Respekt!
Logistikleistung muss bezahlt werden!
Das Zitat vom DHL-Paketchef: „Nach unseren Umfragen finden knapp 80 Prozent der Kunden die Option einer Zustellung in einem Zeitfenster am frühen Abend gut.“ zeigt die Denkrichtung. Logistikleistungen werden selten wahrgenommen, jede Verbesserung zum Status Quo wird positiv aufgenommen. Eine Argumentation, die doch sehr kurz greift. Ja, die Logistikleistung wird als mittelmäßig wahrgenommen, was aber besonders daran liegt, dass es die Paketdienste seit vielen Jahren nicht geschafft haben, sich von einer postähnlichen Zustellstruktur und vor allem Zeitplanung hin zu einem kundenfreundlichen Abendzusteller zu entwickeln. Ein wenig höhere Standardpaket-Preise würden bei dieser Entwicklung überhaupt nicht ins Gewicht fallen, weder bei den Versendern noch bei der Öffentlichkeit.
Die privaten Postdienstleister jenseits der großen „Fünf“ DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS zeigen schon mal, wie das gehen könnte, etwa PostModern mit einem Pilotprojekt letzten Jahres oder Nordkurier mit der dauerhaften Abendzustellung. Die Innovationsfreude einiger private Paketdienste könnte auch zu erheblich verbesserten Marktanteilen führen – denn, wenn die eigenen Strukturen einen reibungslosen Abendzustellturnus zulassen, könnten etwaige Konsolidierungsleistungen für die DHL erhebliche Gewinne versprechen!