Heulen auf hohem Niveau – DPDHL denkt an Preiserhöhungen
Marktentwicklungen, München
Kommentar von Chefredakteur Torsten Drewes:
Wer vor gut einer Woche das Blätterrauschen um die Äußerungen von Postchef Frank Appel wahrgenommen hat, hat die Begriffe Portoerhöhung und Paket-Verteuerung definitiv noch in den Ohren bzw. vor Augen. Dabei erscheint es sehr interessant, mit welchen Begründungen der Boss des Quasi-Monopolisten hier einsteigt in die Preisdiskussion. Vor dem Hintergrund eines Rekordumsatzes und -gewinns 2017 mag es ein unbedarfter Bürger gar nicht glauben, aber die Post hat Verluste gemacht im ersten Quartal 2018 bei den Briefen und Paketen – minus 10 Prozent. Der Horror hat aber schon beinahe wieder den Schrecken verloren, da der Verlust sich nur auf „weniger Gewinn bezieht“! Immer noch 380 Millionen Euro PLUS in Quartal 1. Und Grund dafür sind natürlich nicht etwaige Managementfehler, wie Regressforderungen von Großkunde Kentucky Fried Chicken (dort fehlten die Hühner dank DHL-Fehlleistungen und die Filialen mussten geschlossen bleiben), sondern die Arbeitnehmer!
Pakete werden teurer – wegen Lohnzuwachs und Grippe?
Die Zusteller und Depotmitarbeiter, quasi das Rückgrat und die Organe des DP-DHL-Körpers, bekommen ein sagenhaftes Mehrgehalt von 1,7 Prozent. Ein Vollzeitzusteller bekommt nach Tarif etwa 2.000 bis 2.800 Euro Brutto – was also mit der Lohnerhöhung ein plus von 25 bis 35 Euro im Geldbeutel der Mitarbeiter bedeutet. Oh lá lá! Ein weiterer Grund für den „Gewinneinbruch“ wäre laut Vorstand der hohe Krankenstand durch die Grippewelle. Die, wie jedes Jahr völlig überraschend auftretende, Erkrankungsepedemie scheint hilfreich genug zu sein, um den „Minus“-Gewinn zu erklären. Dabei sind die Überstunden wegen Mitarbeiter-Ausfall sehr häufig hausgemacht, durch immer engere Routen-Rhythmen und zusätzliche Services und die damit verbundenen, erhöhten, psychischen und physischen Belastungen für die Zusteller.
Trotz mehr Paketsendungen brauchen die DPHL mehr Porto?
Sieht der geneigte Postkunde die reinen Sendungsmengen, die stetig steigen, meist in zweistelligem Prozentbereich, würde er sich fragen, warum eine Erhöhung sein müsse. Dafür hat Postchef Appel anscheinend eine "kanzlerinnengleiche Antwort": Portoerhöhungen sind alternativlos. Wem das unverständlich erscheint, muss sich nur die Lobbyarbeit der DPDHL in den letzten Jahren anschauen, bei der in verschiedenen Studien immer wieder nachgewiesen wird, dass die gutverdienenden Deutschen für die Leistungen Brief und Paket viel zu wenig bezahlen im Verhältnis zu den Nachbarn in Frankreich, der Schweiz oder in Skandinavien. Problem ist aber die Portopreisbindung - aber nicht mehr lange! Appel-Aussage aus dem Herbst 2017: „Anpassungen, sei es nach oben oder unten, sind dann frühestens ab Januar 2019 möglich.“ Während der Bekanntgabe des Quartalsergebnisses vergangene Woche war keine Rede mehr von „nach unten“. Appel sagte, er würde lieber einen deutlichen Schritt nach oben beantragen, anstatt die Verbraucher wie zeitweise in der Vergangenheit mit kleinen Schritten von jeweils einigen Cent Aufschlag zu irritieren. Kein Scherz – eine deftige Portoerhöhung würden die Kunden besser verdauen, oder besser schneller vergessen. Denn das Briefporto ist in den letzten zehn Jahren ja eh schon um 70 Prozent gestiegen.
Die DPDHL wird also ihre Quasi-Monopolstellung ein weiteres Mal nutzen, um die Preise anzuheben. Und dadurch ergeben sich mannigfaltige Möglichkeiten für die privaten Paketdienste, durch technische und organisatorische Innovation, Kunden zu gewinnen, insbesondere im heiß umkämpften B2B-Sektor. Natürlich müssen die regionalen Paketdienstleister erstmal die Hausaufgaben gemacht haben – Stichworte: Digitalisierung, Kooperation und Sendungsmanagement. Aber wenn, dann…