Multi-Label-Paketshop in Hamburg – eine Zukunftsoffensive
Der nächste Versuch - nach dem Komodo-Projekt eines gemeinschaftlichen Mini-Depots für die Zustellung mit Lastenrädern in Berlin nun ein Gemeinschafts-Paketshop in Hamburg. Sinnigerweise wurde dafür keine Immobilie ausgesucht, die DPD, Hermes, UPS oder GLS gehören, sondern das City-Center Bergedorf in Hamburg.
Dort gibt es ab sofort im Paketshop „Ein Treff-Punkt“ die Sendungen aller vier Anbieter. Abholbereit zwischen 8 und 20 Uhr wollen die Kunden den Empfänger entlasten - so der Plan. Zu allererst entlasten die vier großen Paketdienste damit natürlich ihre eigene Erstzustellquote, denn Pakete im Paketshop zählen zu den direkt zugestellten Sendungen. Aber durch die Konzentration können die Empfänger mögliche Zusatzwege sparen - ein potentielle win-win-Situation.
Anders als in Berlin fehlt aber ein Großer! Gerade Platzhirsch DHL setzt hier nicht auf Zusammenarbeit, obwohl sich das City-Center um eine Mitarbeit bemüht hat, nach eigenen Angaben.
Eckdaten des Multi-KEP-Dienste-Paketshops
- 60 Quadratmeter Größe
- Direkt in der Einkaufspassage gelegen
- Annahme- und Ausgabeschalter
- Lagerraum für knapp 450 Pakete
- Anbieterunabhängiges Handling der Kunden
- Eingangsgetriebenes, dynamisches Lagersystem
Leider haben es die Paketdienste nicht fertig gebracht, ein einheitliches Paketmanagement hinzubekommen - aber zumindest Kunde soll von dem Systemwirrwarr hinter der Theke nichts mitbekommen. Das das soweit funktioniert, hat die Pilotphase gezeigt - seit 2017 arbeitet der Paketshop (anfangs nur mit DPD und GLS gemeinsam). Mittlerweile nutzen durchschnittlich 60 Kunden täglich das Angebot - Tendenz hin zum Weihnachtsgeschäft stark steigend.
Paket-Logistik als Anreiz für Ladengeschäfte?
Das Management des City Centers Bergedorf hat den Ausbau mit erheblichen Mitteln unterstützt - fast 100.000 Euro sind allein in den Ausbau des Paketshops geflossen. Grund genug, nach dem Nutzen zu fragen. Und da scheint sich interessantes anzudeuten: CCB-Chef Müller erklärte, dass rund 25% der Paketshop-Nutzer in den Läden des CCB einkaufen gegangen wären, bevor oder nachdem sie ihr Paket in Empfang genommen oder aufgegeben hätten.
Hinzu kommt der Umweltaspekt, dass viele der Kunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommen, um einzukaufen, die Schadstoff-Bilanz im Verhältnis zum traditionell zugesandten Paket also deutlich positiver ausfällt. Das dürfte Wasser auf die Mühlen von GLS sein - die ja unter anderem mit dieser Begründung eine Extra-Abgabe für die Haustürzustellung zur Weihnachtszeit erheben wollen. Auch die DPD bietet schon Paketprodukte, die ausschließlich an den Paketshop und eben nicht mehr an den eigentlichen Empfänger zugestellt werden. Diesen Effizienzgedanken, getarnt mit Umwelt- und Marketingargumenten, werden sich über kurz oder lang auch die kleineren regionalen und lokalen KEP-Dienste nicht entziehen können. Fraglich nur, ob für diese ein "Sammel"-Paketshop nicht gleichzeitig das Ende der eigenen Identität bedeutet...