Pharmalogistik - Synergieträger oder neuer Marktteilnehmer
Pakete von A nach B bringen – klingt nach einem Alleinstellungsmerkmal für die KEP-Branche. Aber weit gefehlt! Ein kaum bekannter Zweig der Express-Stück-Logistik sind die Zustellnetzwerke der Pharmabranche. Die Belieferung der deutschlandweit rund 21.500 Apotheken wird durch die Spezialisten in Sachen klima- und lagerungsproblematischer Lieferungen gewährleistet.
Ablauf einer normalen Lieferung beim Pharmalogistiker
Beinahe logischerweise haben sich die Pharmalogistiker zu einem Teil aus den Vertriebsstrukturen der Pharma-Konzerne gebildet. Da dies aber nur für bestimmte Bereiche und Medikamenttypen wirklich sinnvoll ist, gibt es noch die „Großhändler“ unter den Pharmalogistikern. Diese greifen auf mehrere Lagerhäusern und Depots zurück und können so überraschend kleinteilige Netzwerke bei der Auslieferung betreuen.
So werden Medikamente, Pillen, Salben und Tinkturen direkt an den Vertrieb in den Apotheken gesendet oder für den Verbrauch in Krankenhäusern, Kliniken oder Großpraxen bereitgestellt.
Mehrmals am Tag gehen die Zustellfahrzeuge auf Tour – denn auch der Anspruch an die zeitliche Nähe steigt immer mehr. Erwarteten Krankenhausärzte oder Apothekenkunden früher noch die Lieferung am nächsten Tag, wird heute in Stunden terminiert.
Was macht Pharmalogistik besonders?
Die Vorgaben an die Zustellvorgänge sind aber auch von rechtlicher Seite enorm hoch und seit 2013 auch durch ein europäisches Regelwerk, die „Guidelines on Good Distribution practice of medicinal products for human use“, eingehend bestimmt worden.
- Schutz der Arzneimittel einschließlich der Verpackung über die gesamte Transportkette
- Einhaltung der Temperaturvorgaben über gesamten Liefervorgang (Abladen, Umladen oder Zwischenlagerung, Transport, Zustellung)
- Eignung und Ausrüstung der Lieferfahrzeuge
- Reinigungsvorschriften und Sicherheitsvorkehrungen
- Wartung und (Re-)Kalibrierung der Temperaturführungsgeräte
- Evaluationsvorgänge bei Fehlern sowie Abhilfe (Bruch, Beeinträchtigung, Diebstahl, Temperaturbedingungen)
- Minimierung von Zwischenlagerungen
- Dokumentation von Abweichungen bei Temperatur und Beschädigung für Adressaten
- Lieferscheingetreue Auslieferung
- Informationstragende Verpackung (Inhalt, Temperaturanforderungen, Bruchfestigkeit, Gefahrendarstellung etc.)
Daneben gibt es Vorschriften zum internen Qualitätsmanagement, der Personal-Schulung, Ausrüstung der Depots, Dokumentations- und Betriebspflichten sowie Kommunikations- und Aufsichtsverpflichtungen.
Schnittmenge zur Postlogistik - Partner oder Wettbewerber?
Diese enormen Ansprüche verursachen naturgemäß hohe Betriebskosten für Lagerung und Transport sowie ein erhebliches Maß an Ausbildung für das Personal. Dies wird durch die entsprechend gezahlten Logistik-Aufwände eingespielt. Doch ergeben sich hier durchaus noch viele Möglichkeiten. So sind die Pharmalogistiker zwar verpflichtet, auf dem Rückweg von den Apotheken Leergut und Verpackungen wieder mit zu nehmen – jedoch bleiben die Fahrzeuge hier oft zur Hälfte leer.
Halbleere Transportfahrzeuge als Potential für Express-Sendungen
Gerade deshalb versucht die Pharmalogistik-Branche seit einiger Zeit, auch im Postsegment Fuß zu fassen. Dies erscheint, aufgrund der hohen Kosten pro km, auf den ersten Blick nicht sinnvoll – zumal das entsprechende Netzwerk an Annahme- und Verteilstationen nicht gegeben ist. Dieses Potential könnte aber genutzt werden durch ein Zusammenwirken der Postlogistik mit den Arzneimittel-Transporteuren.
Nur ein Ansatzpunkt wäre die Verknüpfung mit den Depots regionaler privater Postunternehmen aufseiten der Pharmalogistik und der Etablierung einer Express-Zustellung im Paketbereich bei den Postdienstleistern. Pakete könnten, die Infrastruktur der Medikamenten-Express-Dienste nutzend, innerhalb von Stunden innerhalb des Zustellgebietes, und overnight oder innerhalb eines Tages deutschlandweit zugestellt werden.
Digitalisierung als Voraussetzung für Synergien
Genau diese Ideen werden derzeit in den Geschäftszentralen der Pharmalogistiker ergründet und abgewogen – zwingende Voraussetzung dafür wäre natürlich eine durchgehend digitale IT-Landschaft auf der Seite der Postunternehmen. Bedingt durch die extrem hohen Ansprüche sind die Medizin-Spezialisten zumeist schon hochgradig technisiert und vernetzt, weshalb ein vergleichbarer Standard technischerseits zwingend sein würde - und daran arbeiten wir!