Pilotprojekt für gemeinschaftliches Mikro-Hub in Berlin
Paket-Markt, Berlin
Die Kombination aus Mikro-Depot als Sammelpunkt von Sendungen vor Ort und der Zustellung durch Lastenfahrräder und E-Bikes auf der letzten Meile ist die konsequente Folge der Bedürfnisse und Entwicklungen innerstädtischer Paket-Logistik. In Berlin gehen erstmals die fünf „Großen“ der Paketbranche gemeinsam in ein Pilotprojekt, das genau diese Kombination in der Wirklichkeit testen soll – was bedeutet das für die lokalen und regionalen KEP-Dienste?
Nach verschiedenen Tests, wie etwa den Mikro-Depots von UPS im Münchner Glockenbachviertel oder der SMILE-Projekte in Hamburg, scheinen sich die großen Paketdienste Deutschlands der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit bewusst zu werden. Je offener diese Depots angedacht werden, desto größer dürfte der Nutzen für Versender, Empfänger und Paketdienste sein – denn der Druck auf die Paketdienstleister wächst, und das von verschiedenen Seiten.
Probleme der letzten Meile in den Innenstädten
- Sendungswachstum von knapp 10 bis 12 Prozent jährlich
- Geringe Zuwächse bei den Zustell-Mitarbeitern
- Erhöhte Umweltauflagen (Stichwort: mögliche Dieselfahrverbote)
- Deutliche Engpässe bei innenstadtnahen Logistikflächen und -immobilien
Das Zusammenwirken der Postdienstleister scheint aber, zumindest derzeit noch, begrenzt zu sein, da alle fünf beteiligten Unternehmen sich nur den Standort teilen werden. Der von der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (BEHALA) zur Verfügung gestellte Bereich des Mikrodepots für den Prenzlauer Berg wird mit fünf Containern bestückt, einer für jeden Paketdienst. Damit zeigen sich schon vorab die Schwächen des Projektes, denn die Sendungen werden getrennt angeliefert, im Depot organisiert und dann ebenfalls unabhängig voneinander durch die jeweiligen Lastenrad-Flotten ausgetragen.
Was bedeutet das Pilot-Projekt für die regionalen & lokalen KEP-Dienste?
Nun erstmal nichts! Und doch könnten und sollten sich die lokalen Kurier- und Paketdienste in den urbanen Ballungszentren schon mal Gedanken machen, und zwar in verschiedene Richtungen.
Das Berliner Pilotprojekt steht unter der Überschrift der KOOPERATIVEN Nutzung von Mikro-Depots. Dies scheint derzeit noch hölzern, da sichtbar getrennt in unterschiedliche Depotbereiche – jedoch geht bei entsprechenden Synergien hier schnell die Entwicklung hin zu einheitlichen Mirko-Depot-Lösungen. Laut der verantwortlichen Berliner Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Regine Günther soll auch auf Anbieteroffenheit abgezielt. Gerade die größeren Paketdienste der Hauptstadt sowie der Ballungszentren München, Hamburg oder Köln sollten hier hellhörig werden und sich über die Möglichkeiten einer, wie auch immer gearteten Eingliederung in diese Systeme Gedanken machen.
Digitalstrategie für regionale Paketdienste & Zustellgesellschaften zwingend
Auf einer anderen Ebene bilden sich hier schon wieder Biotope, die nur für die großen Anbieter überhaupt zu „beackern“ sind. Warum? Oft ist die digitale Durchdringung von regionalen Postdiensten nicht soweit gediehen, dass ein dezentrales Mikro-Hub-Nutzen überhaupt möglich ist. Je weiter aber die Schere zu den hochdigitalisierten Spitzenunternehmen auseinander geht, desto mehr bleibt nur die Rolle des Subdienstleisters und Konsolidierers. Dies würde über kurz oder lang aber die unternehmerische Freiheit der kleineren Paketdienstleister derart einschränken, dass von Zukunft und Entwicklung kaum die Rede sein kann.
Ebenfalls unter Druck dürften abschließend auch die Zustellgesellschaften für Presseerzeugnisse geraten. Setzt sich das Konzept der dezentralen, mikro-hub-getriebenen Last-Mile-Zustellung auch übergreifend in diesem Bereich durch, werden hier Aufwand und Technologie benötigt, um die Druckerzeugnisse entsprechend gewinnbringend oder zumindest finanziell schonend zu verteilen. Ansonsten befänden sich auch die Verlage und Medien-Gruppen immer mehr in Abhängigkeit zu den großen Zustellgesellschaften. Eine eigene, digitale Durchdringung der gesamten Zustelllogistik sowohl für die Paketdienste als auch für die verlagsgetriebenen Zustellgesellschaften ist daher eine zukunftsweisende Zielsetzung – ohne eine Digitalstrategie könnten hier einige eklatante Umwälzungen ins Haus stehen!