SCHWERPUNKT: Thesen zur Digitalisierung der Postlogistik

Digitalisierung - Dresden

Die Digitalisierung der Logistik schreitet voran, zwangsläufig. Denn ohne integrative, digitale Lösungen würden deutsche Logistiker schnell hinter den Wettbewerbern herhinken. Die durchdachte Digitalisierung der Unternehmen hingegen verhilft zu einem Innovationssprung. Sie erhöht die Verfügbarkeit von Daten sowie deren Fehlerfreiheit und bildet damit die Grundlage für neue Services und besser vernetzte Transportdienstleistungen. Effizient und kundenfreundlich.

Digitalisierung - Tempus Fugit (Die Zeit verrinnt)

Das ist das Ergebnis des Thesenpapiers der Siemens-Tochter Axit, ihres Zeichens IT-Dienstleister. Diese Formel trifft gerade auf den rasant wachsenden Nischenmarkt der regionalen Post- und Paketdienste zu. Daher lohnt es sich besonders, die 10 Thesen aus dem Think-Tank vom Riesen Siemens genauer zu hinterfragen - um Schlussfolgerungen für Auswirkungen bei den privaten Postdienstleistern zu beurteilen.

Digitalisierung - tempus fugit

Grundsätzlich sehen knapp ein Viertel aller Logistikunternehmen aus Deutschland die unternehmensweite Digitalisierung als DAS Kernproblem der kommenden Jahre. Die Interessensvertretungen der KEP-Branche sehen - gerade bei den (Post-)Logistikern - sogar noch höheren Bedarf. Intentionen und Hintergründe, die Axit zusammengefasst hat, werden wir für Sie nachfolgend prüfen.

Thesen zur Digitalisierung in der Logistik

  1. Grundlegende Digitalisierung des Unternehmens ist Pflicht
  2. Klein starten, weiter ausbauen ist besser als ein Digitalisierungsgroßprojekt
  3. Innovationstreiber der Zukunft sind schnell, stark & disruptiv
  4. Gute Datenqualität ist das Fundament der digitalen Supply-Chain
  5. Daten sind das neue Gold - aber das muss geteilt werden (können)
  6. Digitalisierung verbessert die Zusammenarbeit aller an der Supply-Chain Beteiligten
  7. Collaboration führt zum partnerschaftlichen Gesamterfolg
  8. Auf Basis von digitalen Daten entstehen neue Services
  9. Neue Dispositionssysteme entstehen
  10. Verlader bauen Logistikkompetenz aus

1. Digitale Unternehmensstrategie als Basis erfolgsentscheidend - stimmt!

Die Abbildung der Geschäfts- und Produktprozesse in einem digitalen Workflow führt zu einigen direkten Vorteilen. Die Bearbeitungszeit für einzelne Prozessteile sinkt, die Fehleranfälligkeit auf den einzelnen Etappen bei der eigenen Leistungserbringung verringert sich und die Einflussmöglichkeit bei Toleranzabweichungen verbessert sich exorbitant. Weiterhin werden neue Vertriebs-, Marketing- und Customer-Relation-Kanäle nutzbar, da alle neuartigen Entwicklungen auf diesen Sektoren den digitalen Datenstrom zur Verhinderung von Mehrarbeit zwingend voraussetzen.

Hinzu kommt die Möglichkeit, die Kunden direkt zu erreichen sowohl für Information, Vertrieb aber auch für Markenbildung. Entsprechend der Ansprüche an schnelle und einfache, dabei aber mannigfaltige Leistungsangebote stehen (Post-)Unternehmen mit einer guten, internen Digitalstrategie ganz weit vorn. Also ein dickes JA - eine digitale Basisausrüstung, bestenfalls eine komplette digitale Integration aller Unternehmensteile ist ein MUSS!

2. Klein starten und später ausbauen - bedingt richtig!

Die Digitalisierung eines Postunternehmens ist, bedingt durch die verwendete Technik im Sortierzentrum und Paketdepot, beim Zusteller und im Kundendienst, schon in einem bestimmten Rahmen vorhanden. Koordiniert wird es, zumeist mehr schlecht als recht, durch ERP und helfende Komponenten. Jedes neue Digitalisierungsprojekt , etwa ein nicht integrierter Webshop für Paketscheine und Briefmarken, führt zu mehr Konfusion und Komplexität - Ergebnisse, die eigentlich abgebaut werden sollten. Eine umfassende Strategie für die Verwandlung in ein digitales Unternehmen in mehreren Schritten ist da wohl ein besserer Weg. "Klein anfangen" hat dagegen seine Tücken, da es meist die späteren Integrationen außen vor lässt und einem sehr individuellen System mit ineffektiven Update- und Upgrade-Fähigkeiten führt. Strategisch gesteuerte Vorhaben mit einem zentralen Standardisierungsaspekt können auf modulare Lösungen setzen, die mit geringerem Aufwand miteinander vernetzt werden können.

3. Innovationstreiber der Zukunft sind schnell, stark & disruptiv - unentschieden!

Diese These ist wahr, ohne dass sie irgendetwas aussagt. Die Innovationstreiber sind disruptiv, da sie diejenigen sind, die die bestehende Muster hinterfragt und notfalls aufgebrochen haben. Disruption beschreibt die Ablösung eines bestehendes Geschäftsmodells oder eines gesamten Markts durch eine stark wachsende Innovation. Die Beispiele für den Verlust der Marktführerschaft durch verschlafene Innovation sind namhaft: Kodak, Nokia oder Sony. Daher ist es für jedes (Post-)Unternehmen wichtig, das Ohr am Puls der Zeit zu haben. Dafür müssen in der eigenen Unternehmensstruktur Informations- und Recherche-Abläufe einpasst werden, um eben nicht von der Entwicklung überrollt zu werden. Die private Post steht dabei eben für die Innovationsoffenheit und Geschwindigkeit: LVZ Leipzig, PostModern oder CITIPOST arbeiten teilweise schon jahrelange mit innovativen digitalen Lösungen und sind offen für moderne Entwicklungen.

4. Datenqualität als Fundament der digitalen Supply-Chain - stimmt!

Unvollständige und sich widersprechende Daten zu einer Postsendung sind oft Grund für Verspätungen, Nichtzustellbarkeit oder Falschlieferungen. Das kann ein digitaler Wandel ändern, denn in der digitalen Supply Chain wird normalerweise die Datenqualität über allem anderen konstituiert. Gerade produktzyklische Software, wie die Life-Cycle-Management-Lösung hybriLOG®, setzen auf interne Einheitsstandards, die durch alle relevanten IT-Systeme getragen werden. Dadurch werden Zuordnungen von Daten zu Sendungen eineindeutig, Veränderungen oder nachträgliche Verbesserungen nachvollziehbar und der Weg der Postsendung über den gesamten Produktzyklus komplett prüfbar.

Zusammengefasst:
5. Nur geteilte Daten sind Gold wert - bedingt richtig! 
6. Kollaboration führt zum partnerschaftlichen Gesamterfolg - eher richtig!
7. Digitalisierung verbessert die Zusammenarbeit aller an der Supply-Chain Beteiligten- korrekt!

Um von den technologischen Möglichkeiten einer kontinuierlichen Vernetzung zu profitieren, ist eine Umwandlung von Denk- und Handlungsweisen in der Logistik erforderlich. Zusammenarbeit heißt das Zauberwort. Das beginnt bei der Kommunikation. Hier müssen sämtliche, an der Supply Chain Beteiligten sinnvoll eingebunden sein. Das schließt auch den Austausch von Daten ein. Die frühere Führungsstrategie des Herrschaftswissens wird sich zugunsten einer organischen Wissens- und Datenaustausch-Kultur verändern. Damit rückt auch der Vorrang der eigenen Interessen in den Hintergrund - denn nur mit einer endergebnisorientierten Ausrichtung aller Partner wird am Ende das Ergebnis erreicht, dass allen eine erfolgreiche Zukunft sichert.

Ineinandergreifen-von-Zusammenarbeit-und-Kollaboration

Kollaborierende Kommunikation & Problemlösung absolutes MUSS

Heruntergebrochen auf die private Post ergeben sich verschiedene Ebenen der Zusammenarbeit - weswegen die These der pauschale Datenteilung und partnerschaftliche Kollaboration nur teilweise erfolgsfördernd sein kann. Intern bei den direkt am Produktzyklus beteiligten Personen - Zusteller, Depotmitarbeiter, Dispatcher oder Kundendienstler - muss Datenteilung, Zurverfügungstellung von Informationen und schnellstmögliche Übermittlung in den nutzbaren Datenpool eine der Hauptdirektiven sein. Die Digitalisierung fügt diesem Bedürfnis nun schnelle, sicherere und fehlerfreie Kanäle und Mittel hinzu, weshalb die dritten These des Blocks, eine verbesserte Kommunikation, absolut ins Schwarze trifft.

Datenaustausch - teils restriktiv, teils offen und vor allem: skalierbar

Wer nicht teilt und zum großen Wohl zusammenarbeitet, isoliert sich und schadet dem Unternehmenserfolg? Das ist zunächst eine theoretische Wahrheit. Digitaler Datenaustausch mit den großen Carrier-Unternehmen ist möglicherweise auch ein kritisches Thema. Warum sollten DPD, DHL und Co. langfristig sämtliche Informationen regionaler Postdienstleister übermittelt bekommen? Was sind die privaten, regionalen Alternativen? Innerhalb der Post-Netzwerke wie P2 oder mailAlliance werden ebenfalls Millionen Sendungen und deren Daten ausgetauscht. Die Netzwerke der privaten Post sind die Zukunft, deren Ausbau beginnt bei der vertrauensvollen und interaktiven Nutzung von (regionalen) Kapazitäten und Ressourcen - und das geht nur mit entsprechendem Datenaustausch auf partnerschaftlicher Augenhöhe.

Ein ganz eigener Bereich wird die Zusammenarbeit und der Datenaustausch mit Behörden, B2B-Kunden und Sendungsempfängern. Dabei werden bestimmte Daten definitiv geteilt, kommuniziert und verarbeitet werden müssen, um das zukünftige Funktions- und Servicelevel zu halten. Und hier spielt ein weiterer Vorteil des digitalen Wandels ein - das Postunternehmen kann die Datenströme beliebig skalieren und individuell separiert teilen. Und Produkte schaffen!

8. Auf Basis von digitalen Daten entstehen neue Services - stimmt!

Es zählt zu den großen Potentialen der Digitalisierung, dass verschiedene Themengebiete, Unternehmensbereiche - aber auch Produkte und Dienstleistungen - plötzlich verknüpfbar werden. Die umfassende Nutzung von Daten führt dabei sowohl zu einem breiteren Leistungsportfolio als auch zu neuen digitalen Systemlandschaften.

Digitale Services für den Kunden erfordern Schnelligkeit und Genauigkeit - sowohl auf der "First Mile", als auch bei der Zustellung auf der letzten Meile. Mit entsprechender Integration der Post-Softwarelösungen wird das Tracking von Postsendungen und die Zustellung nach Kundenbedarf zur Normalität. Die Genauigkeit und die zunehmende Einführung dynamischer Routenplanungen führt zu einem Wunsch-Zustellfenster von 2 Stunden bei den Marktriesen DHL und DPD (eine Extrazahlung vorausgesetzt). Genau dorthin kann und muss sich die private Post abseits der Big Player bewegen.

Neue Services: Wunsch-Zustellzeit oder Same-Day-Delivery

Hilfreiche Systeme, wie etwa der TrackPilot® von PLT, nutzen die neueste GPS-Technologie und bieten ungeahnte Anbindungs- und Transfermöglichkeiten der erhaltenen Daten. Mit überschaubarem Invest ist in digitalen Lösungen ein Plus an Service für den Endkunden und ein zusätzlicher Umsatzmotor in der Digitalisierung "versteckt". Gerade die Einbindung eines verbesserten (da in "Echtzeit" reagierenden) Kundenservice in die Routenplanung und die damit verbundene Optimierung der Zustellleistung schon jetzt Realität. DPD macht es mit seinem Kundenportal vor. Annahmevollmachten und Lieferortveränderungen, Direktsendung in den Servicepoint oder die Paketstation sind hervorragende Beispiele, die Leistung Paket transparenter, angenehmer und verbraucherfreundlicher zu gestalten. Und der Paketversand ist nur eine Möglichkeit, Digitalisierung voll zu nutzen. Einschreiben, Warensendungen etc. sind ebenfalls Kandidaten für künftige, digitale Komfort- und Luxuszustellung. Die digitalisierten Daten - die fehlerfrei und standardisiert verwendet werden können - ermöglichen neue Produktqualitäten.

9. Neue Dispositionssysteme entstehen - richtig!

Digitalisierung der Postlogistik wird die starren Varianten der früheren Dispositionssysteme aufweichen. ERP & CRM & Lagerhaltung & Kundenservice & Zustellermanagement werden innerhalb eines überspannenden, koordinativen Netzwerkes eingesetzt werden. Erst das Verständnis, dass gerade in der Post- und Paketbranche die produktbezogenen Vorgänge bestimmend sind und Beschaffung oder Produktion eher Randfelder sind, wird diese klassische Denkhaltung in Bezug auf die Rolle von ERP und anderen Systemen verändern. Modulare Planung der Auslastung, hochflexible Auftragsintegration und onlinegetriebene Beauftragung durch Versender sind hier nur einige der Aufgaben der Zukunft, die neue Dispositionssysteme erfüllen müssen.

10. Verlader bauen Logistikkompetenz aus - unentschieden!

Ein kleiner Spaß zum Schluss! Denn der Ausbau der Logistikkompetenz der Verlader ist ein ganz normaler Prozess, da die Verlader ja in die Systeme der Logistik hineinschauen und die Abläufe verstehen können. Verlader sind für regionale, private Postlogistiker nun meistens die großen Carrier. Und damit gleichzeitig Partner und größter Konkurrent. Internationale und branchennahe Player spielen zunehmdend eine wichtige Rolle im Postmarkt. Sowohl die Verlagslogistik mit ihren Zustellnetzen für Zeitungen, Anzeigenblätter und Prospekte als auch die Expresslieferanten für Apotheken oder Buchhandelsketten könnten in Zukunft das eine oder das andere Stück vom Postkuchen abknabbern. Die Kompetenz im Bereich Post ist dort naturgemäß nur peripher vorhanden, der Aufbau einer solchen wäre aber durch die Digitalisierung schneller und mit mehr Wucht machbar.

Im Ergebnis sind die 10 Thesen durchaus bedenkenswert für die private Post und deren Marktteilnehmer, die Quintessenz ist und bleibt aber:

"Der richtige Zeitpunkt für eine gute Digitalstrategie ist jetzt - morgen ist es vielleicht schon zu spät!".